Immer mehr Beschäftigte im Homeoffice 

Grundsätzlich kann Homeoffice Beschäftigte entlasten – unter normalen Umständen. Doch was wir seit März 2020 erleben, sind keine normalen Umstände. Den Shutdown haben viele Unternehmen genutzt, um mobiles Arbeiten zu ermöglichen. 

Schlechtere Kommunikation durch Homeoffice? 

Angesichts der Kosten für Büroflächen rechnet wohl so manche Geschäftsführung schon durch, ob das Büro auf lange Sicht nicht ganz abgeschafft werden könnte.  Experten halten das für keine gute Idee. Die Ludwigshafener Personalmanagement-Expertin Rumpf nennt ein 25 Jahre altes Beispiel einer Versicherung in Münster: Dort wurde aus Kostengründen die Hälfte der Beschäftigten in die Telearbeit geschickt. Nach rund zweieinhalb Jahren habe man festgestellt, dass Kommunikationsketten abgerissen waren und der Zusammenhalt unter den Mitarbeitern geliebten hatte: “Die Loyalität und die Verbindung  zu dem Unternehmen und zu den Kolleginnen und Kollegen ist gerissen.“ 

Im Homeoffice leiden Austausch und Strukturen 

Auch die Struktur der Arbeit kann im Homeoffice leiden. So falle es im Büro leichter, eine Pause zu machen, erklärt die Flensburger Arbeitspsychologin Scheel. „Zuhause machen wir Pause, wenn es zu spät ist. Da sind keine Kolleginnen und Kollegen, die mit mir Pause machen wollen, Mittag muss ich mir vielleicht dann irgendwie selber zwischendurch noch machen, und ich bin auch nicht gezwungen, Strukturen einzuhalten.“  Der Experte Beckhaus rät zu guter Selbstorganisation. “Dadurch, dass man für sich alleine verantwortlich ist, muss  man sich einen realistischen Plan machen.“

Gesundheit: Der Arbeitsplatz sollte gut ausgestattet sein

Hinzu kommen gesundheitliche Risiken wenn man dauerhaft am Küchentisch oder gar auf der Couch arbeitet: “Für ein, zwei Monate im Notfall, wie das gerade in der Corona-Krise der Fall war, kann das funktionieren“, sagt Backhaus. Für richtige Arbeitsplätze gebe es aber Vorgaben: etwa dass der Monitor getrennt von der Tastatur sei – was bei einem Laptop nicht gegeben sei. Ziel müsse sein, dass Arbeitsplätze auch ergonomisch gut gestaltet seien, so Backhaus  Monitore, Dockingstations, aber auch ein höhenverstellbarer Stuhl mit hoher Lehne und ein Schreibtisch: „ Nach Möglichkeit sollte der Arbeitsplatz zu Hause genauso aufgebaut sein wie im Betrieb“. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung mache Vorgaben dazu, wie ein Arbeitsplatz ausgestattet sein sollte. Wenn diese Richtlinien  nicht eingehalten werden, drohen etwa Verspannungen, Rückenschmerzen und Sehnenscheidenentzündungen. 

Arbeit und Zuhause bewusst trennen

Mit der Heimarbeit entfällt auch der Arbeitsweg. Für Pendler, die morgens und abends im Stau stehen, mag das eine Erleichterung sein. Aber wer den Weg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt hat, dem fehlt ein erheblicher Teil der täglichen Bewegung. Das kann ebenfalls die Gesundheit beeinträchtigen. Hinzu kommt ein Psychologischer Effekt: “Fehlt der Arbeitsweg, fällt auch die Distanz zwischen Beruf und Freizeit weg. Ich habe praktisch keine Abgrenzung, das ist unheimlich erschöpfend“, erklärt Arbeitspsychologin Scheel. Vor allem, wenn es zu Hause kein eigenes Arbeitszimmer gibt, wo die Tür nach getaner Arbeit geschlossen werden kann. Um nach dem Homeoffice mental abzuschalten, empfiehlt Scheel Tapetenwechseln: „Eine halbe Stunde spazieren gehen und danach auf gar keinen Fall auf das Handy gucken, wenn die Gefahr droht, dass da irgendwelche Arbeits-E-Mails aufpoppen.“ 

Umfrage: Kein Unternehmen will weniger Homeoffice 

Dass das Homeoffice keine Übergangsphase ist, bestätigt eine gerade veröffentlichte Umfrage des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung: Demnach hat fast die Hälfte (42 %) der rund 5000 befragten Unternehmen schon beschlossen, die Möglichkeiten, von zu Hause aus zu arbeiten, nach der Corona-Kreise auszuweiten.  Ein ebenso großer Anteil war noch unentschlossen, zurück zu weniger Homeoffice will aber kaum ein Unternehmen. Fast 90 Prozent gaben an, dass bei ihnen mehr Homeoffice möglich sei – ohne dass dadurch Nachteile entstünden. 

Personalmanagement-Expertin Rumpf glaubt, auch wenn sich das Modell aus 100 Prozent Homeoffice vielleicht nicht durchsetzen werde, Mischformen würden es bestimmt. Sie betonte:“ Wir werden nicht mehr in die alte Welt zurückgehen“.